Vorbemerkung: Damit die folgenden FAQ unabhängig voneinander lesbar sind, werden einige Informationen teils mehrmals wiederholt.
Mehr Informationen zur Bauproduktegesetzgebung sind in der Wegleitung zur Bauproduktegesetzgebung (nachfolgend: Wegleitung) zu finden.
1 Zur Bauproduktegesetzgebung im Allgemeinen
1. Was ist das Ziel der Bauproduktegesetzgebung? Worin unterscheidet sie sich vom Baurecht?
Die Bauproduktegesetzgebung soll die Vergleichbarkeit der Bauprodukte gewährleisten und technische Hemmnisse des freien Handelsverkehrs vermeiden. Sie erfasst das Inverkehrbringen und das Bereitstellen von Bauprodukten auf dem Markt. Nicht massgebend ist das Bauprodukterecht für die Verwendung der Bauprodukte in den Bauwerken. Diese wird durch die – hauptsächlich kantonalen – baurechtlichen Vorschriften und die einschlägigen technischen Normen geregelt.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 1.2.
2. Wie weiss ich, ob es sich bei einem Produkt um ein Bauprodukt handelt?
Ein Bauprodukt ist jedes Produkt, das die beiden folgenden Kriterien erfüllt:
- Das Produkt ist für den dauerhaften Einbau in einem Bauwerk gedacht; und
- das Produkt trägt zur Leistung des Bauwerks im Hinblick auf dessen Grundanforderungen bei.
Bauprodukte sind für den Einsatz in Bauwerken des Hoch- und des Tiefbaus gedacht. Sie haben einen Einfluss auf die Sicherheit und die Funktionserfüllung des Bauwerks.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 2.
3. Welche Anforderungen muss ein Bauprodukt erfüllen, damit es in Verkehr gebracht werden darf?
Es wird zwischen Bauprodukten im harmonisierten Bereich und Bauprodukten im nichtharmonisierten Bereich unterschieden. Gehört ein Bauprodukt zum harmonisierten Bereich, braucht es – ausser in Ausnahmefällen – eine Leistungserklärung (siehe Frage 4 und Wegleitung Kap. 2.3). In jedem Fall muss das Produkt identifizierbar und rückverfolgbar sein. Auch ein Bauprodukt im nichtharmonisierten Bereich darf keine Sicherheitsrisiken aufweisen.
Die Anforderungen an die Leistungserklärung, falls diese erforderlich ist (siehe Frage 10 und folgende), sind in einer harmonisierten Norm (in Anhang ZA.1) oder der jeweiligen Europäischen Technischen Bewertung (ETA) festgelegt. Die harmonisierten Normen sehen auch ein System zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit (AVCP-System) vor.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5. Insbesondere ist auf S. 32 eine Checkliste für Hersteller enthalten.
4. Wie weiss ich, ob ein Bauprodukt zum harmonisierten oder zum nichtharmonisierten Bereich gehört?
Ein Bauprodukt gehört dann zum harmonisierten Bereich, wenn es von einer harmonisierten Norm (hEN) erfasst ist oder dafür eine Europäische Technische Bewertung (ETA) ausgestellt worden ist. In diesem Fall muss der Hersteller eine Leistungserklärung für das Produkt erstellen.
Alle anderen Produkte gehören zum nichtharmonisierten Bereich. Für diese Produkte kann der Hersteller keine Leistungserklärung erstellen. Er kann aber zum Nachweis, dass die Sicherheitsanforderungen erfüllt sind, eine Herstellererklärung erstellen.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 2.3.
5. Was ist eine harmonisierte technische Norm (hEN)? Welche Funktion hat sie?
Eine harmonisierte technische Norm (hEN) ist eine Produktenorm, die sowohl in der Schweiz als auch in den anderen europäischen Ländern für die davon erfassten Bauprodukte zwingend anwendbar ist (siehe auch Fragen 6 und 7). Die Liste der hEN für Bauprodukte ist auf der Webseite des BBL zu finden.
Die hEN können bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV) bezogen werden.
Wird ein Bauprodukt von einer hEN erfasst, muss der Hersteller grundsätzlich eine Leistungserklärung erstellen, damit er das Bauprodukt in der Schweiz und den anderen europäischen Ländern verkaufen kann.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2.2.
6. Was ist der Unterschied zwischen einer harmonisierten Norm (hEN) und einer Europäischen Technischen Bewertung (ETA) bzw. einem Europäischen Bewertungsdokument (EAD)?
Bei einer harmonisierten technischen Norm (hEN) ist der Hersteller verpflichtet, eine Leistungserklärung zu erstellen. Das ist beim Europäischen Bewertungsdokument (EAD) nicht der Fall. Gestützt auf ein EAD kann auf Antrag des Herstellers eine Europäische Technische Bewertung (ETB, oder auch European Technical Assessment ETA) ausgestellt werden. Aufgrund dieser ETA wird dann eine Leistungserklärung erstellt.
Eine ETA bietet dem Hersteller somit die Möglichkeit, sein Produkt freiwillig dem harmonisierten Bereich zu unterstellen. Sobald eine ETA für sein Produkt vorliegt, muss der Hersteller eine Leistungserklärung erstellen. Eine ETA wird von einer technischen Bewertungsstelle (Technical Assessment Body, TAB) ausgestellt. Die TAB in der Schweiz ist die EMPA.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.3.
7. Was passiert, wenn eine neue Fassung einer Norm veröffentlicht wird? Ab wann ist die neue Norm verbindlich?
Die Liste der harmonisierten technischen Normen (hEN) gibt zusätzlich zum Inkrafttreten der neuen Norm eine Koexistenzperiode an. Während der Koexistenzperiode können beide, die neue und die eventuelle alte Version der Norm, für die Leistungserklärung verwendet werden. Nach Ablauf der Koexistenzperiode ist zwingend die neue Norm anzuwenden.
Ist die neue Fassung einer harmonisierten Norm bereits beim Schweizerischen Ingenieuren- und Architektenverein (SIA), bei dem Schweizerischen Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) oder bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV) erhältlich, vom BBL aber noch nicht bezeichnet und diese Bezeichnung im Bundesblatt publiziert, muss die alte Fassung der Norm verwendet werden.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 2.3.
8. Welche Pflichten gelten, wenn das Produkt zum nichtharmonisierten Bereich gehört?
Die Produktsicherheit muss gewährleistet sein. Die Sicherheitsinformationen und Gebrauchs- und Bedienungsanleitungen müssen den Verwenderinnen und Verwendern eines Produkts zur Verfügung gestellt werden, wenn die Art des Bauprodukts dies erfordert. Auch die Identifizierbarkeit und die Rückverfolgbarkeit des Produkts müssen sichergestellt sein.
Zudem sind allenfalls andere Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen zu beachten und baupolizeiliche Vorschriften können bestimmte Nachweise für die Verwendung verlangen.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.1.
9. Ist das CE-Kennzeichen obligatorisch?
Das CE-Kennzeichen ist in der Schweiz nicht obligatorisch, aber für das Inverkehrbringen in den anderen europäischen Ländern notwendig. Es basiert auf der Leistungserklärung.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 4.1.
2 Zur Leistungserklärung
10. Was ist eine Leistungserklärung?
Eine Leistungserklärung ist ein vom Hersteller erstelltes Dokument, das die Leistungen eines Produkts in Bezug auf seine wesentlichen Merkmale angibt. Mit der Leistungserklärung übernimmt der Hersteller die Verantwortung für das Produkt und dessen deklarierten Leistungen.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 4.
11. Wann muss eine Leistungserklärung erstellt werden?
Der Hersteller muss dann eine Leistungserklärung für ein Bauprodukt erstellen, wenn das Bauprodukt zum harmonisierten Bereich gehört (siehe Frage 4).
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 4.3.
Gehört das Produkt zum nichtharmonisierten Bereich, kann der Hersteller keine Leistungserklärung erstellen. Er kann aber zum Nachweis, dass das Produkt sicher ist, eine Herstellererklärung verfassen.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.1.
12. Gibt es Ausnahmen, in denen keine Leistungserklärung erstellt werden muss?
Ja. Auch bei Produkten im harmonisierten Bereich kann in gewissen Fällen auf die Erstellung einer Leistungserklärung verzichtet werden:
- Wenn das Produkt nicht serienmässig, sondern für ein bestimmtes Bauwerk hergestellt und vom Hersteller selbst in das Bauwerk eingebaut wird;
- wenn das Produkt direkt auf der Baustelle zum Einbau in das Bauwerk gefertigt wird;
- wenn das Produkt nach traditioneller Weise in einem nicht industriellen Verfahren hergestellt wird.
Auch wenn eine dieser Ausnahmen gilt, kann dennoch eine Leistungserklärung nötig sein: um nachzuweisen, dass die Leistungsanforderungen anderer Vorschriften (z. B. Brandschutz) erfüllt sind.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2.4.
13. Wer muss entscheiden, ob es eine Leistungserklärung braucht?
Der Hersteller muss klären, ob für das Bauprodukt eine Leistungserklärung erstellt werden muss. Wird das Bauprodukt von einer harmonisierten technischen Norm erfasst, ist die Leistungserklärung grundsätzlich obligatorisch (siehe Frage 11; Ausnahmen siehe Frage 12).
Wird das Bauprodukt nicht von einer harmonisierten Norm erfasst, kann der Hersteller bei einer Technischen Bewertungsstelle (Technical Assessment Body TAB) eine Europäische Technischen Bewertung (ETA) beantragen.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2 und 5.3.
14. Wer muss die Leistungserklärung erstellen? Wer hat welche Pflichten bei der Leistungserklärung?
Die Leistungserklärung muss vom Hersteller erstellt werden. Die anderen Wirtschaftsakteure in der Vertriebskette (namentlich Importeure und Händler) müssen sicherstellen, dass die Leistungserklärung, wenn erforderlich, korrekt erstellt worden ist und dass sie ihren Kundinnen und Kunden zur Verfügung steht.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5 (Hersteller), Kapitel 7 (Händler) und Kapitel 8 (Importeur).
15. Kann auch eine Leistungserklärung erstellt werden, wenn das Produkt nicht von einer harmonisierten Norm erfasst wird?
Ja, aber nur über eine Europäische Technische Bewertung (ETA) auf der Basis eines Europäischen Bewertungsdokuments (EAD). Das Produkt gehört dann zum harmonisierten Bereich, und der Hersteller kann und muss gestützt auf die ETA eine Leistungserklärung erstellen (siehe Frage 6 und Wegleitung Kapitel 5.3).
Bei Produkten im nichtharmonisierten Bereich und ohne ETA darf der Hersteller keine Leistungserklärung erstellen. Er kann jedoch zum Nachweis, dass die Sicherheitsanforderungen erfüllt sind, eine Herstellererklärung verfassen.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5, insbesondere 5.1.4
16. Was muss eine Leistungserklärung enthalten?
Der Inhalt der Leistungserklärung ist im Muster in Anhang 3 der Bauprodukteverordnung (BauPV) festgelegt.
Die Leistungserklärung muss insbesondere die wesentlichen Merkmale und die Leistungen eines Produkts für mindestens eines dieser wesentlichen Merkmale angeben.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2.1. und Anhänge
17. Wie muss die Leistungserklärung aussehen?
Was die Darstellung der Leistungserklärung und insbesondere der Daten anbelangt, ist der Hersteller relativ frei. Die Leistungserklärung ist nach dem Muster in Anhang 3 BauPV zu erstellen. Bei der Form sind bis zu einem gewissen Grad Abänderungen möglich.
Mehr dazu und Beispiele siehe Wegleitung Kapitel 5.2.3 und Anhänge.
18. Was ist unter «werkseigener Produktionskontrolle (WPK)» zu verstehen?
Der Hersteller muss für jedes Bauprodukt einen Prüfprozess einrichten und dokumentieren. Damit stellt er für die deklarierten Produktleistungen eine gleichbleibende Fertigungsqualität sicher. Fällt das Bauprodukt unter die VCP-Systeme 3 oder 4 (AVCP: Assessment and Verification of Constancy of Performance), wird die WPK vom Hersteller selbst eingerichtet, dokumentiert und durchgeführt. Bei den anderen AVCP-Systemen muss der WPK-Prozess von einer notifizierten Stelle (Notified Body siehe Frage 19) überprüft werden.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2.9.
19. Wann muss eine notifizierte Stelle (Notified Body) beigezogen werden?
Eine notifizierte Stelle (Notified Body) muss beigezogen werden, wenn das anwendbare AVCP-System dies vorsieht. Das ist der Fall bei Bauprodukten des harmonisierten Bereichs mit Leistungen, die für das Bauwerk sicherheitsrelevant sind. Welches AVCP-System anwendbar ist, geht aus dem Anhang ZA einer harmonisierten Norm hervor.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2.7 und 10. Die notifizierten Stellen (auch diejenigen der Schweiz) sind in der Nando-
Datenbank aufgelistet.
20. In welcher Form kann die Leistungserklärung zur Verfügung gestellt werden?
Die Leistungserklärung kann in Papierform oder in elektronischer Form (z. B. E-Mail oder Webseite) zur Verfügung gestellt werden. Bei der Bereitstellung auf der Webseite sind Vorschriften zur Verfügbarkeit und Stabilität des Systems zu beachten. Auf Verlangen des Abnehmers muss in jedem Fall eine Papierversion geliefert werden.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2.11.
21. In welcher Sprache muss die Leistungserklärung erstellt werden?
Die Leistungserklärung muss in einer Amtssprache der Schweiz (Deutsch, Französisch, Italienisch) abgefasst sein. Die Sicherheitsinformationen müssen in der Amtssprache des Landesteils zur Verfügung gestellt werden, in dem das Produkt voraussichtlich verwendet wird.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 3.
22. Wie lange ist eine Leistungserklärung gültig?
Die Leistungserklärung ist gültig, solange die Leistungen des Produkts den deklarierten und nach der harmonisierten technischen Norm (hEN) erforderlichen Leistungen entsprechen. Wird die betreffende hEN von einer neuen abgelöst, muss die Leistungserklärung gestützt auf die neue Norm erstellt werden.
Mehr dazu siehe Kapitel 5.2.2 und 5.2.3.
23. Muss die Leistungserklärung direkt auf dem Produkt angebracht werden?
Der Hersteller muss identifizierbar sein und die Leistungserklärung muss problemlos beispielsweise auf der Webseite des Herstellers zugänglich sein. Die Leistungserklärung muss nicht zwingend auf dem Produkt selber angebracht, diesem aber beigelegt sein (Bereitstellung im Internet genügt, wenn der Link dafür dem Produkt mitgegeben wird). Die Sicherheitsinformationen und die Gebrauchsanweisung müssen dem Produkt physisch mitgegeben werden.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 5.2.11.
24. Ist eine in einem Mitgliedstaat der EU erstellte Leistungserklärung auch in der Schweiz gültig und umgekehrt?
Die schweizerische und die europäische Bauproduktegesetzgebung sind gleichwertig. Eine Leistungserklärung, die nach der europäischen Bauproduktegesetzgebung (Verordnung EU Nr. 305/2011) erstellt ist, wird somit in der Schweiz anerkannt und umgekehrt. Dabei ist zu beachten, dass die CE-Kennzeichnung in Europa obligatorisch ist, in der Schweiz hingegen nicht (siehe auch Frage 9).
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 4.1.
25. Dürfen in der Leistungserklärung deklarierte Leistungen auch in technischen Datenblättern angegeben werden?
Ja, vorausgesetzt die Angaben stimmen überein. Es darf keinen Widerspruch zwischen der Leistungserklärung und den technischen Datenblättern geben. So darf eine Leistung nicht in einem technischen Datenblatt deklariert werden, wenn für das entsprechende Merkmal keine Leistung in der Leistungserklärung angegeben wird.
Mehr dazu siehe Wegleitung Kapitel 4.2.
26. Dürfen Leistungen für nicht wesentliche Merkmale deklariert werden?
In der Leistungserklärung dürfen nur die in der harmonisierten Norm vorgesehenen wesentlichen Merkmale deklariert werden. Andere Merkmale können nur ausserhalb der Leistungserklärung angegeben werden.